Antoneta Alamat Kusijanović, kroatische Regisseurin an Filmfestival in Cannes ausgezeichnet

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Foto: Zen Lefort, Mario Topić, Press Kit Murina, Alban Pichon (Cannes)

Wie wir auf einer kleinen adriatischen Insel, ohne Straßen und Automobilen, den Film gedreht hatten, der die Welt eroberte

Filmszenen, die nur aus Meer bestehen, Filmszenen für welche die Schauspieler gute Schwimmer, manche auch gute Taucher sein müssen, die auch Fische mit der Harpune fangen können, die Bläue des Meeres im Kontrast zu den Felsen und Steinen der Insel – so könnte man in einem Satz visuell den Film „Murina“ der Regisseurin Antoneta Alamat Kusijanović beschreiben. Dieser Film wurde voriges Jahr beim Filmfestival in Cannes mit der Goldenen Kamera (Camera d’Or) ausgezeichnet, mit einem Preis den seinerzeit Jim Jarmusch, Naomi Kawase und Steve McQueen bekamen.
Antoneta Alamat Kusijanović gehört der neuen Generation von Regisseurinnen an, der Generation, die in letzter Zeit auffallend oft in der kroatischen Filmszene sichtbar ist. Es handelt sich dabei um Autorinnen, die dem kroatischen Film eine neue Energie einhauchten und auch ein etwas anderes Narrativ einbrachten.

Die Geschichte, die im Film behandelt wird, ist ein psychologisches Familiendrama, dessen Handlung auf einer kroatischen Insel, in nur vier Tagen, stattfindet. „Murina“ (Muräne) ist eine eigenartige Fortsetzung des Kurzfilms der Regisseurin mit dem Titel „U plavetnilo“ (Into the Blue), der bei den Festivals in Berlin und in Sarajevo preisgekrönt worden ist und der auch für die Student Academy Awards, für den „Studentenoscar“ nominiert wurde. Nachdem Martin Scorsese den Film „U plavetnilo“ gesehen hatte, wurde sein Interessierte für
die Arbeit der kroatischen Regisseurin geweckt und sein Filmproduktionsunternehmen übernahm die Koproduktion des Filmes „Murina“. Außer Geld bekam die Autorin von Scorsese auch Ratschläge und kollegiale Ermutigungen während der Arbeit an diesem Film.
Die Regisseurin Antoneta Alamat Kusijanović diplomierte an der Akademie in Zagreb das Fach der Produktion und danach an der Universität Columbia in New York die Regie.
Warum hat sie beschlossen, nach dem Leben in New York, mit dem Diplom der Columbia Universität, den Film in Kroatien zu drehen?
„Das ist das Land, das ich gut kenne. Wenn Du an einem Debutfilm arbeitest ist es außerordentlich wichtig, Dich mit Themen zu beschäftigen, die in Dir eine intensive Reaktion, Leidenschaft und den Wunsch nach Kampf provozieren. Das sind keine Themen, die aus dem sozialen Aktivismus hervorgehen, es sind Themen die viel tiefer gelagert sind, Themen die vor allem aus sehr persönlichen Emotionen hervorkommen und einen solchen Impuls bekomme ich nur in Bezug zu Kroatien und zur kroatischen Mentalität.“
Der Nationalpark Kornati, in dem der Film „Murina“, neben Koločep und Hvar, zum Teil gedreht worden ist, war heuer im Finale der Wahl für die beste europäische Filmlocation bzw. wurde der Nationalpark für die Wahl des schönsten Ortes, an dem ein Film oder eine Serie gedreht worden ist, nominiert. Neben „Murina“ waren im Finale Orte an welchen die Filme „Dune“ und „The green Knight“ und die Serien „The Queen’s Gambit“ und „The Crown“ gedreht worden sind. So hat „Murina“ Kroatien auf einen sehr hohen Platz unter den Filmdrehorten positioniert.
Die Insel Koločep, die von ihren Bewohnern und den Einwohnern der Gegend von Dubrovnik auch Kalamota genannt wird, ist der Ort in dem die Regisseurin ihre Urgroßmutter und später ihre Großmutter besuchte und dort teils aufwuchs; es ist der Ort in dem sie als Kind zur Person geformt wurde.
„Kalamota ist bis heute eine idyllische Insel geblieben. Dort werden Kinder vom ganzen Dorf erzogen, jeder passt auf jeden auf. Eine ziemlich lange Zeit verbrachte ich mit anderen Kindern auf der Insel und genoss meine Kindheit auf einem kleinen Strand. Heute noch, wenn ich mich daran erinnere, wird das Gefühl der Zusammengehörigkeit in mir wach. Dort sind alle miteinander verwandt oder, wenn nicht, kennt man einander so gut, als wäre man durch Blutsverwandtschaft verbunden. Solche Orte werden auf der Welt immer weniger und man sollte sie bewahren“, sagt sie.
Kalamota assoziiert sie nicht nur an die fröhliche Kindheit, die sie auf der Insel genoss, sondern sie spielt auch heute noch eine große Rolle in ihrem Leben.
„Dort habe ich in den letzten Jahren, bei meinen Dreharbeiten eine großartige Unterstützung erfahren. Obwohl auf der Insel keine Logistik für Dreharbeiten an Kurzfilmen, und schon gar nicht an Langfilmen, vorhanden ist, ist es uns gelungen vieles zu drehen, dank der
Offenherzigkeit der Ortseinwohner, die vielleicht sogar die Wichtigkeit des Drehens dieses Films für ihre Insel erkannt haben.
Die Lokalbevölkerung hat alles von sich gegeben um zu helfen, damit es uns gelingt einen solchen Film zu drehen, auf einer Insel auf der es keine Autos, keine Straßen und keine Infrastruktur für eine große Filmproduktion gibt. Ich glaube, dass ich während der Dreharbeiten auf Kalamota, eher zu den dortigen Menschen als zu dem Ort selbst zurückgekehrt bin. Denn das Unterwasserleben gibt es in der ganzen Adria, aber auf dieser Insel ist mir alles bekannt und vertraut.“

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